Er starb nicht für Gott. Vergiss das. Der Mensch Jesus starb, weil andere Menschen ihn umbrachten. Mit Nägeln, Holz und Angst im Herzen. Kein göttlicher Plan, keine Engelsmusik. Nur Staub, Schweiß und ein Haufen aufgebrachter Primaten, die glaubten, sie retten die Ordnung, indem sie einen Unruhestifter ans Kreuz nageln.
Er hat gelebt, gepredigt, provoziert, und sie haben ihn gekillt. Das ist Fakt. Der Rest ist metaphysisches Marketing. Ob er Gottes Sohn war, Teil einer Trinität oder bloß der einzige Mensch, der die Wahrheit nicht ausgehalten hat. Das ist Glaubenssache.
Das Christentum ist im Grunde nichts anderes als die längste Aftershow-Party einer öffentlichen Hinrichtung. Eine gewaltige Sinnmaschine, gebaut aus Schuld, Sehnsucht und Mythen. Seit die Menschheit Feuer machen kann, brennt sie Geschichten in die Dunkelheit, um das Chaos zu verstehen. Mythen, das sind unsere alten Drogen. Kleine Dosen Ordnung gegen die große Panik.
René Girard hat das durchschaut: Jede Gemeinschaft, sobald sie ins Wanken gerät … durch Pest, Hunger, Angst oder Machtgier … sucht sich ein Opfer. Einer muss schuld sein. Ein Fremder, ein Abweichler, ein Irritierender. Und wenn das Blut fließt, beruhigt sich der Mob. Ordnung wiederhergestellt, kollektiv gereinigt. Zumindest für den Moment.
Dann kommt der Trick: Später verklären sie das Gemetzel. Aus dem toten Mann wird ein Gott. Aus der Panik eine heilige Geschichte. Der Mythos macht die Gewalt unsichtbar, nennt sie „heilig“, und der Mensch nennt sich zivilisiert.
Aber dann kam dieser Jesus und sprengte den Zauber. Zum ersten Mal wird das Opfer nicht als „gerecht“ erzählt, sondern als Unrecht. Das ist der Moment, in dem die Menschheit in den Spiegel schaut, und erkennt, dass sie ein Rudel ist, das Frieden durch Blut erkauft. Girard sagt: Das Christentum hat den alten Mythos zerschlagen. Es gründet sich auf dem Tod eines Unschuldigen, und nennt Gewalt beim Namen.
Natürlich haben später die Kirchenväter, die Kreuzritter und die Inquisitoren den Spirit wieder zugeschaufelt mit Blut, Gold und Dogmen. Aber das war nie christlich. Das war immer nur menschlich. Religion als Maskenball der Macht.
Heute haben wir keine Altäre mehr, nur noch Schlagzeilen, Talkshows und Kommentarspalten. Die Opfer wechseln, das Muster bleibt. Mal sind’s die Migranten, mal die Eliten, mal die Maschinen. Wir nennen es „Diskurs“, aber es ist dieselbe alte Liturgie: Einer muss brennen, damit die anderen sich rein fühlen.
Und genau hier liegt der letzte Funke der christlichen Wahrheit: Solange wir noch Opfer brauchen, sind wir Tiere mit WLAN.
Kultur beginnt, wenn niemand mehr geopfert wird. Wenn Frieden nicht aus Blut, sondern aus Einsicht kommt.
Darum wird die Geschichte dieses Wanderpredigers immer wieder erzählt. Nicht weil er auferstanden ist, sondern weil wir noch immer dabei sind, ihn umzubringen.