Die Wahrheit im Zeitalter der Lüge: Warum wir alle im Trojanischen Pferd sitzen

Fake News.
Zwei Worte, und die halbe Welt schreit sich gegenseitig an. Die einen wedeln mit Faktenchecks, die anderen mit Verschwörungen. Und irgendwo dazwischen sitzt du. Mit flackernden Augen auf einem Bildschirm, der dich anlügt, bis dus glaubst.

Fake News sind Falschinformationen. Aber das ist zu brav. Fake News sind keine simplen Irrtümer. Fake News sind Sprengstoff, der mit einem Like gezündet wird. Fake News sind der Virus, der deine Wahrnehmung infiziert, bis du denkst, du seist immun. Und genau dann kriegst dus richtig.

Die Realität entscheidet, was Fake News sind. Aber die Realität ist kein Richter, sondern ein Wrack, zerschossen von Meinungskriegern, gekapert von Algorithmen, die dich kennen, bevor du dich selbst erkennst. Wenn in einem Raum zwölf Stühle stehen, und einer behauptet, es seien zehn, dann ist das keine Meinung. Das ist eine Lüge mit Marketingstrategie. Und wenn du das oft genug hörst, fängst du an, an den verdammten Stühlen zu zweifeln.

DIE ERSTEN FAKE NEWS DER WELTGESCHICHTE

Troja.
Ein paar Griechen bauen ein Holzpferd und erzählen den Trojanern, es wäre ein Geschenk der Götter. Die Trojaner schlucken die Story, holen das Pferd rein, und zack … nachts kommt die griechische Nachtschicht raus und metzelt die Stadt in Stücke. Das war kein Mythos. Das war PR. Die Trojaner waren das erste Publikum, das auf Clickbait hereinfiel. „Neues Geschenk der Athene! Ihr werdet nicht glauben, was passiert, wenn sie es in die Stadt holen!“

Theben.
Da kursierte das Gerücht, Alexander der Große wäre tot. Die Leute glaubten es, feierten ihren Aufstand … und dann stand Alexander leibhaftig vor den Toren und radiert die Stadt aus. Moral der Geschichte: Wenn du auf eine Fake News reinfällst, stirbt nicht nur die Wahrheit, sondern manchmal auch du.

FAKTEN VOR DEM INTERNET

Damals war Lüge Handarbeit. Ein paar Wirtshausstrategen beim Frühschoppen, ein bisschen Dorfklatsch, und fertig war die Desinformation. Wenn einer Blödsinn erzählte, sahst du es ihm an der Stirnfalte an. Heute kommt die Lüge mit Ringlicht, TikTok-Filter und algorithmischem Verstärker. Früher wars der Nachbar, heute ists ein Bot mit Profilbild aus der Hölle des Stockfotografie-Portals.

WILLKOMMEN IN DER MÜLLHALDE DER WAHRHEIT

Wir leben in einem globalen Experiment: Wie viele Lügen kann ein Gehirn gleichzeitig aushalten, bevor es implodiert? Die Antwort: mehr, als man denkt. Das Internet ist keine Informationsquelle. Es ist ein permanenter LSD-Trip aus Halbwahrheiten, Übertreibungen und manipulierten Thumbnails.

Grund 1: Geld.
Jede Fake News ist ein Werbevehikel. „Nur heute 50 % Rabatt!“. Gelogen. „Nur noch neun Stück auf Lager!“. Gelogen. Aber hey, du klickst trotzdem. Und mit jedem Klick spritzt du Werbekapital in die Venen von Silicon Valley.

Grund 2: Macht.
„Flood the zone with shit“, sagte Steve Bannon. Und das tun sie. Jeden Tag. Sie kippen Eimer voller digitaler Scheiße über dich aus, bis du nicht mehr weißt, was oben und unten ist. Und wenn du dann nach Orientierung suchst, steht da einer mit einer Fahne, einem Kreuz oder einem Rabattcode.

DAS TROJANISCHE PFERD, VERSION 2.0

Heute würde die Troja-Story so laufen: Eine Agentur verkauft das Drama als Livestream. Die Griechen und Trojaner werden gesponsert von Red Bull und Nike.
Zwischen den Massakern laufen Werbespots: „Jetzt neu: Trojanisches Pferd Deluxe! Nachhaltig aus FSC-zertifiziertem Holz!“ Das Pferd wäre mit WLAN ausgestattet, GPS-Tracking, 360°-Kamera. Die Zuschauer würden live kommentieren:
„#TeamTroja“ gegen „#TeamGriechen“.
Und während die Stadt brennt, rollt der Werbeumsatz.

Fünf Beteiligte, vier Gewinner: Griechen, Trojaner, Agenturen, Werbekunden … und die Verlierer sind wir Idioten, die zusehen. Wir zahlen mit unserer Zeit, unserem Geld und unserem Verstand.

DIE WIRTSCHAFT LEBT VON LÜGEN

Fake News sind kein Kollateralschaden, sie sind das Geschäftsmodell.
Social Media ist kein Marktplatz der Ideen. Es ist ein Zirkus der Affekte.
Jede Empörung ist ein Klick. Jeder Klick ist ein Cent. Jeder Cent hält das System am Leben. Die Plattformen wissen, dass du bleibst, wenn du wütend bist. Wut verkauft besser als Wahrheit. Angst klickt besser als Gelassenheit. Und deshalb ist das Netz ein Dauerfeuer aus Halbwahrheiten und Hass.

WER BESTIMMT, WAS FAKE NEWS SIND?

Eigentlich: die Realität. Aber die ist inzwischen ein optionales Add-on. Jede Blase hat ihre eigene Wahrheit, ihr eigenes Vokabular, ihre eigenen Heiligen und Ketzer. In einem Kosmos aus Milliarden Feeds hat jeder sein persönliches Troja, und jeder glaubt, auf der richtigen Seite zu stehen.

Wenn es keine gemeinsame Realität mehr gibt, dann ist Wahrheit nur noch das, was sich am besten verkauft. „Demokratisch abgestimmte Wahrheit“ ist ein Euphemismus für kollektiven Wahn. Likes sind keine Fakten, und Mehrheiten können irren. Das wissen wir seit 1933.

DIE LETZTEN ÜBERLEBENSREGELN

Was also tun? Mondflüge für Lügner? Würfelspiele um die Wahrheit?
KI-Schiedsgerichte, die von denselben Konzernen programmiert werden, die uns vergiften? Vergiss es.

Es bleibt nur: Misstrauen. Ein innerer Kompass. Menschen, denen du wirklich vertraust. Und die Bereitschaft, zuzugeben, dass du dich geirrt hast.

Ich bin selbst reingefallen. Hitler-Tagebücher, Ofarim, all der Mist. Jedes Mal eine Ohrfeige vom Leben. Aber jede Fake News, die mich erwischt hat, war ein Impfstoff gegen die nächste.

UND JETZT?

Wir stehen bis zum Hals in der Fake-News-Scheiße, und oben drauf schwimmen die Influencer, Politiker und Prediger, die uns erklären, was Wahrheit ist.

Aber Wahrheit braucht keine Influencer. Wahrheit hat keine Klickrate. Wahrheit ist das, was stehen bleibt, wenn der ganze Rest implodiert.

Und wenn du nicht mehr weißt, wem du glauben kannst, dann zähl die verdammten Stühle.