In Beef We Trust. Die Ethik des Burgers und das deutsche Alibi

Amerika riecht nach Fleisch.
Nach Grill, nach Freiheit, nach Rauch und billigem Fett.
Das Land ist ein einziger Barbecue-Altar, auf dem Kühe geopfert werden, um das Versprechen des American Dream am Leben zu halten: Jeder darf alles, Hauptsache, es schmeckt.
Kein Gott, kein Staat, kein Cholesterin hält dich auf.
„In Beef we trust“. Das ist kein Slogan, das ist eine Zivilreligion.

Wer in den USA kein Fleisch isst, ist suspekt. Ein moralischer Vegetarier in einem Land, das von Vieh lebt.
Die Weite der Prärie hat die Amerikaner zu Fleischfetischisten gemacht: endloses Land, endlose Rinder, endlose Entschuldigungen.
120 Kilo pro Kopf und Jahr.
Das ist nicht Ernährung. Das ist Identität.

Deutschland dagegen: moralisch verklemmt, wurstmüde, halb geläutert.
Man isst noch Fleisch, aber mit schlechtem Gewissen. Wie ein Ex-Raucher, der heimlich auf der Toilette zieht.
Hier heißt der Altar nicht Grill, sondern Bioladen.
Die Wurst trägt ein Biosiegel, und man glaubt, das Tier sei in meditativer Ruhe gestorben, vielleicht bei gregorianischem Gesang.
Man nennt es „bewusster Konsum“ und klopft sich dabei auf die Brust, weil man das Filet vom Hof um die Ecke kauft. Mit dem SUV, versteht sich.

Sind die Amerikaner also unmoralischer?
Nein. Nur ehrlicher in ihrer Gier.
Die Deutschen sind subtiler. Sie verstecken ihre Schuld unter Etiketten, unter Glasvitrinen, unter Begriffen wie „Nachhaltigkeit“ und „Tierwohl“.
Das ist kein Mitgefühl. Das ist semantische Kosmetik.
Beide Systeme laufen auf dasselbe hinaus:
Das Tier stirbt, der Mensch verdrängt, und die Moral wird vakuumverpackt.

Der Unterschied liegt nicht in der Ethik, sondern im Stil des Selbstbetrugs.
Die Amerikaner grillen ihre Verantwortung bei 300 Grad direkt.
Die Deutschen garen sie sous-vide. Langsam, auf niedriger Temperatur, bis sie zart und gesellschaftsfähig wird.

Aber am Ende gilt für beide: Vielleicht ist das die wahre Tragödie unserer Zeit:
Wir wissen zu viel, um uns zu entschuldigen … und zu wenig, um aufzuhören.

Gott frisst Steak – und nennt es Gnade.

Sonntagmorgen. Der Pfarrer segnet das Schnitzel.
Ein Schuss Weihwasser über die Bratensoße, und schon ist das Tier erlöst.
Nicht auf der Weide, aber im Herzen.
Die Kirche ist die älteste PR-Agentur der Welt. Sie verkauft Blut als Erlösung, Schuld als Spende, und Fleisch als gottgegeben.

Und dann kommen die Veganer.
Barfußpropheten mit Tofu in der Tasche, die den heiligen Grill entweihen.
Sie reden nicht von Sünde, sie reden von Nervenbahnen, Schmerz, Bewusstsein.
Das ist ihre Bibel. Neuronale Empathie statt metaphysischer Vertröstung.
Und plötzlich sehen die Pfaffen aus wie mittelalterliche Fleischer,
die die Bibel mit Blutfingern umblättern.

„Aber der Mensch war schon immer Fleischesser!“, dröhnt der Pfarrer.
Ja, Vater, und er war auch schon immer Mörder, Krieger, Sklavenhalter.
Soll ich dir die Geschichte der Menschheit wirklich nochmal aufrollen,
nur weil du ein Steak mit einem Schöpfungsakt verwechselst?

Die Kirche nennts Tradition.
Der Veganer nennts Trauma.
Und irgendwo zwischen Kanzel und Kühlregal verläuft die neue Frontlinie der Moral.