Menschen sind keine Analysemaschinen. Nie gewesen. Vergiss Commander Spock mit seiner hochgezogenen Augenbraue und dem ewigen „Das ist unlogisch, Captain“. Wir sind keine Vulkanier. Wir sind Rudeltiere mit WLAN. Wir riechen Vertrauen, wir fühlen Zugehörigkeit, wir klicken „Teilen“.
Das ist unsere wahre Religion: emotionale Effizienz.
Denn denken – echtes, mühsames, schwitzendes Denken – ist wie Sit-ups nach Mitternacht: theoretisch gut, praktisch lästig. Also lassen wir’s.
Wir glauben lieber den Leuten, die wir kennen. Dem Nachbarn, der uns mal beim Schneeschippen geholfen hat. Der Freundin, die „immer so gesund aussieht“. Dem Typen aus dem Telegram-Channel, der so überzeugend flucht. Und natürlich „dem Arzt“, von dem niemand genau weiß, wer er ist, aber der garantiert etwas „herausgefunden“ hat.
Und so verbreitet sich das neue Evangelium: „Warmwasser mit Zitrone verhindert Krebs.“ Ein Satz, der klingt wie eine Mischung aus Hoffnung, Wellness und Esoterik. Der hat alles, was ein Satz braucht, um viral zu gehen: Ein bisschen Wissenschaft, ein bisschen Gefühl, und null Belastung für die grauen Zellen.
Warum prüfen, wenn’s so schön klingt? Warum zweifeln, wenn’s sich gut anfühlt?Warum recherchieren, wenn man einfach weiterleiten kann?
Also schickt man’s raus. Von Handy zu Handy, von Herz zu Herz, von einem guten Menschen zum nächsten gutgläubigen Menschen. Und irgendwo dazwischen sitzt ein Werbefuzzi mit dem diabolischen Grinsen eines Marketing-Buddhas und denkt:„Genau deswegen funktioniert Werbung.“
Die alte Regel der Reklame: Streiche alles, was die Leute zum Denken bringt, denn es kostet Umsatz. Und siehe da: Es kostet auch Wahrheit.
Denn die Wahrheit schwitzt. Sie kratzt. Sie nervt. Sie verlangt Recherche, Skepsis, Zeit. Und das sind drei Dinge, die im Jahr 2025 schwerer zu finden sind als ein ehrlicher Politiker.
Aber hey – G.U.T., dass du hier gelandet bist. Denn das Internet ist das perfekte Trainingslager für deinen inneren Fakten-Schmied. Hier kannst du lernen, den Blödsinn zu riechen, bevor er dich beißt.
Mach ein Experiment: Nimm dir 20 Aussagen, die dir spontan gefallen. Stell sie drei großen Sprachmodellen … ChatGPT, Gemini, Perplexity … und frage nicht: Stimmt das?“, sondern: „Gib mir Quellen.“
Denn Meinung ist billig, aber Quellen sind schwer. Wie Gold im digitalen Dreck.
Und wenn du’s schaffst, zwischen Bullshit und Beleg zu unterscheiden, dann bist du nicht Spock. Dann bist du besser. Dann bist du Mensch mit Werkzeug. Und das ist verdammt selten geworden.